Kathedrale
Das ehemals für eine mongolische Jurte errichtete Holzrund mit einem Durchmesser von 10 Metern, ist nach nomadischen Abbau der Jurte wieder freigeworden und ließ die Idee, eine 'Kathedrale' aus Holz darauf zu bauen, entstehen: 'Kathedrale des Künstlerlebens'. Ein Gebäude als Symbol für das gesamte, inzwischen 17 Jahre alte, Kunstprojekt AcadémieGalan. Warum der Name 'Kathedrale des Künstlerlebens':
„Man kann es Demut nennen, aber ebenso gut Größenwahn: Wer ein Projekt beginnt, das er zu Lebzeiten (wahrscheinlich) nicht vollenden kann, wird sich entweder als bescheidenen Tagelöhner im Dienste des 'Ewigen' (bei uns die Kunst) betrachten oder als Schöpfer von transzendentem Format. Am wahrscheinlichsten aber als Mischung von beidem... Geld, Zeit und Raum spielen in diesen Projekten keine Rolle mehr.“ Andreas Langen im Katalog zu Fotografien von Markus Brunetti
Von solchem Denken angeregt mutet die Bezeichnung 'Kathedrale des Künstlerlebens' zwar als hoch pathetisch an, scheint uns aber dennoch angemessen zu sein. Zunächst ohne klare Vorstellung davon, was da gebaut werden soll. Es ist wie beim Malen oder Zeichnen: Die Entscheidung, eine Leinwand oder ein Papier zu einem Bild zu formen, ist getroffen, aber was und wie da genau gemalt, gebaut werden soll, ist vorderhand unklar und offen. Wir kümmern uns nicht um die Ressourcenlage, wir werden getrieben von einem Ausdrucksbegehren, wir besorgen uns die geeigneten Instrumente, Werkzeuge und Ressourcen vermutlich erst dann, wenn der Prozess des Errichtens diese erfordert.
Denn ebenso wie eine einseitige Ressourcenausstattung das Gelingen eines Kunstwerks verhindert, verhindert sie auch das Gelingen unseres Lebens. Allerdings ist die Ressourcenlage, das kann man nicht in Abrede stellen, durchaus wichtig für ein gutes Leben wie auch für einen guten Bau: ohne Holz, Balken und Fenster lässt sich kein Gebäude, wie z.B. das einer Kathedrale, errichten.
Problematisch dabei erscheint jedoch, dass der Planungsprozess alle weiteren Schritte vorgibt; im Kunstwerk aber die entscheidenden Momente erst im Angefangen-haben, beim Machen erkannt und bedient werden. Und das immer nur im Maß des Weitermachen-Könnens, Schritt für Schritt wie im Leben. Das Streben nach einem Kunstwerk dient hier als Erfahrungsmodell für eine gelungene Lebensführung. Die Ausübung von handwerklichen Arbeiten erfüllt uns mit Freude und Glück, da diese Tätigkeiten ihren bestimmenden Endzweck, das Kunstwerk, in sich selbst tragen. Auch das Sägen und Bearbeiten von Holz kann in diesem Sinn als ungemein befriedigend erlebt werden. All diese sogenannten einfachen handwerklichen Tätigkeiten sind mit dem darüber liegenden Zweck, das (Gesamt-) Kunstwerk weiterzuführen, angefüllt.
Dabei ist der Ort, das Kunstwerk AcadémieGalan, selbst ein Akteur wie alle übrigen Personen, die helfend daran arbeiten und somit Einfluß nehmen. Als Akteure nehmen alle teil an einem Geschehen der Errichtung und Weiterführung sowie Veränderung des Kunstwerks AcadémieGalan. Das ist deshalb so, weil wir alle hier wissen, dass die Zeit vergehend fließt, sie flieht und jagt dahin. Wir erfinden Bilder (Kathedrale des Künstlerlebens) und prägen sie der Zeit auf, damit diese, so verdinglicht, als das eigentlich Unbedingte und Verschwindende erfahrbar, aussprechbar und anschaulich wird.
Der Ort AcadémieGalan als Akteur liefert uns Identitätsmuster. Beim Versuch zu begreifen, wer wir sind, fallen uns ohnehin häufig Orte ein. Auch wenn wir uns distanzieren und einen gewissen Abstand zwischen uns und den Ort legen, bestätigt dies seine Wirkmacht. Aus diesem Grund kann uns der Charakter der AcadémieGalan und seine Konfiguration nicht oder niemals egal sein. Wir sind, wenn wir uns mitwirkend an diesem Ort aufhalten, engagiert.